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Freitag, den 10. Mai 2024 um 04:48 Uhr

Erste Mutter-Tochter-Bestattung der Römerzeit in Österreich nachgewiesen

Bei der Entdeckung eines Grabes in Wels vor 20 Jahren hielt man den Fund aufgrund der ungewöhnlichen Merkmale für die frühmittelalterliche Doppelbestattung eines Ehepaares zusammen mit einem Pferd. Erst jetzt konnten das biologische Geschlecht und die Verwandtschaftsverhältnisse der Bestatteten mittels modernster Technologien der Archäologie aufgeklärt werden. Unter der Leitung der Anthropologin Sylvia Kirchengast und des Archäologen Dominik Hagmann von der Universität Wien gelang es den Wissenschafter*innen zudem, das Grab auf das 2. bis 3. Jahrhundert n. u. Z. zu datieren.

2004 wurde bei Bauarbeiten im Bereich des sogenannten östlichen Gräberfeldes der antiken römischen Stadt Ovilava – dem heutigen Wels in Oberösterreich – ein außergewöhnliches Grab entdeckt. Das Grab enthielt die Überreste zweier sich umarmender Menschen und mindestens eines Pferdes. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Merkmale wurde der Fund zunächst für eine frühmittelalterliche Doppelbestattung gehalten. Eine umfassende Neuuntersuchung, bei der modernste bioarchäologische und archäogenetische Methoden angewandt wurden, ergab überraschende Erkenntnisse: Das Grab ist 500 Jahre älter als bisher gedacht, es stammt aus dem 2. bis 3. Jahrhundert n. u. Z. und ist daher der römischen Antike in Österreich zuzuordnen.

"In römischer Zeit waren Bestattungen, bei denen Menschen neben Pferden beerdigt wurden, sehr selten. Noch außergewöhnlicher ist aber, dass es sich um die erste Bestattung aus der römischen Antike in Österreich handelt, bei der durch genetische Analysen eine biologische Mutter und ihre leibliche Tochter, die noch dazu gleichzeitig bestattet wurden, eindeutig identifiziert werden konnten. Das macht unsere Ergebnisse besonders spannend", erklärt Dominik Hagmann, Erstautor der Studie.

Summe moderner Technologien lieferte Ergebnis

Osteologische Untersuchungen und alte DNA (aDNA)-Analysen ergaben das biologische Geschlecht und legten außerdem eine familiäre Verbindung zwischen den beiden menschlichen Individuen nahe. Radiokarbondatierungen ermöglichten schließlich eine genauere zeitliche Einordnung sowohl der menschlichen Skelette als auch des Pferdeskeletts. Die eingehende Untersuchung der goldenen Grabbeigaben bereicherte zusätzlich das Verständnis für die neue Datierung der Fundstelle, ebenso wie archäozoologische Untersuchungen des bestatteten Pferdes das Verständnis über den gesamten Bestattungszusammenhang erweiterten.

"In Summe ergaben unsere Untersuchungen also, dass es sich bei der Bestattung um zwei biologische Frauen – wahrscheinlich eine Mutter im Alter von etwa 40 bis 60 Jahren und ihre Tochter im Alter von etwa 20 bis 25 Jahren – aus dem 2. und 3. Jahrhundert n. u. Z. handelte. Das Grab ist also rund 500 Jahre älter als zunächst angenommen und stammt eindeutig aus der Römerzeit", sagt Studienleiterin Sylvia Kirchengast.

Der genaue Hintergrund der Doppelbestattung ist nicht klar, die Theorie der Wissenschafter*innen: Möglicherweise starben beide gleichzeitig an einer Krankheit und wurden nach einer Tradition aus der späten Eisenzeit zusammen mit ihrem Pferd bestattet – die ältere Person weist Skelettmerkmale auf, die auf häufiges Reiten hinweisen könnten.
Letztlich zeigt diese Untersuchung das enorme Potential, das die Anwendung moderner, naturwissenschaftlicher Methoden in der Kombination mit traditionellen Forschungsansätzen für die Archäologie im römischen Österreich bietet.


Den ganzen Artikel finden Sie hier:

https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/erste-mutter-tochter-bestattung-der-roemerzeit-in-oesterreich-nachgewiesen/

Quelle: Universität Wien (05/2024)


Publikation:
Hagmann, D., Ankerl, B., Chernoet, O., Greisinger, M., Kirchengast, N. I., Miglbauer, R., & Kirchengast, S. (2024). Double Feature: First Genetic Evidence of a Mother-Daughter Double Burial in Roman Period Austria. Journal of Archaeological Science: Reports, 55, 104479.
DOI: 10.1016/j.jasrep.2024.104479
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2352409X2400107X


 



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